Nichts wärmt, erdet und nährt so sehr wie eine wärmende Suppe nach einem kalten Wintertag. Wenn ich nach einem langen Spaziergang durch Schnee und Kälte nach Hause komme, freut sich mein Körper auf die wohltuende Stärkung. So, als würde jemand eine kuschlige Decke um deine Schulter legt und dich liebevoll willkommen heisst.
Brühen und Suppen haben eine lange Tradition in den vielen Heilpraktiken der ganzen Welt. Auch in meiner Naturküche gehören sie zum Adventsrepertoire. Dabei liebe ich die Vielfalt der winterlichen Geschmäcker und Gerüche; die Stimmung der vorweihenachtlichen Zeit in einer wärmenden, nährenden Mahlzeit eingefangen.
Der Geschmack des Winters
Nachdem der glühende Sommer mit all seinen kühlenden und erfrischenden Geschmäcker vorbeizog, um dem saftig süssen Herbst die Bühne zu überlassen, kommen wir nun in die Zeit der erdenden, herzhaften und wärmenden Akzente. Die Zeit der Wurzelgemüse, Heilpilze, harzigen/rauchigen Noten, sowie dem Geschmack nach warmen Stuben und Gemütlichkeit; für mich sind es genau jene Aspekte, die diese frühwinterliche Zeit ausmachen. Jedes Jahr packt mich die Lust nach genau diesen Dingen.
Saisonaler Geschmack und unsere Gesundheit
Jedes Lebensmittel hat seine Saison. In unseren Breitengraden geben uns die Wurzelgemüse im Frühwinter z.B. das Kalium, das unser Körper für die Kälteresistenz braucht. Energetisch und mental gesehen, verbinden uns die Energien der Wurzeln tief mit dem Erdreich und unterstützen uns bei der dringend benötigten Innekehr. Stabilität, Verwurzlung, Ankommen und sich zurückziehen sind ganz wunderbare Dinge in genau diesen dunklen Tagen. In sich ruhend der Verbindung mit der Mutter Erde bewusst werden, dankbar für das, was war und zuversichtlich, dass das innere Licht auch im kommenden Jahr wieder an die Oberfläche kommt und das Leben mit sich bringt. Für sind das immer wieder sehr heilende Erfahrungen. Die Gemüse im Garten und die Wildpflanzen ausserhalb des Gartenhages zeigen mir den Zeitaspekt; ihre Aromen leiten mich in der Kreation neuer Gerichte.
Die Brühe als Kräftigung und Halt in der kommenden Zeit
Da gerade im Aussen so viel unklar zu sein scheint, ist es ein Leichtes aus seiner Mitte zu geraten. Eine erdende Brühe wird dich dabei unterstützen, wieder auf den Boden und in ein nährendes Gefühl der Sicherheit zu kommen. Ausserdem sind sie leicht zuzubereiten, wohlschmeckend und sehr gesund. Doch Brühe ist nicht gleich Brühe!
Die Qualität der Zutaten
Qualität ist wirklich ein Muss! Gekaufte Bouillon (in Deutschland Gemüsebrühen) enthalten fast immer Geschmacksverstärker, künstliche Aromen und Palmöl. Die meisten von uns sind so sehr an den Kick dieser Zusatzstoffe gewöhnt, dass wir natürliche Nahrung oft links liegen lassen.
In meine Küche kommen pflanzliche Grundzutaten in Bioqualität und besser (z.B. selbst gesammelt oder angebaut). Einmal an diesen Standard gewöhnt ist es kulinarisch unmöglich wieder auf die Fabriknahrung zurückzuwechseln. Doch qualitativ hochwertige Zutaten müssen gar nicht teuer sein! Oft bekommt man beim Bauern jene Gemüse zu einem unglaublich günstigen Preis, die sonst den Tieren verfüttert würden. Für Karotten in Bioqualität, die krumm, mehrbeinig oder sogar gerissen sind, zahle ich nur 20% des Preises, der die anderen Rüben kosten würden. Auch bei Roter Beete, Steckrüben und Kartoffeln kann man viel sparen. Karotten-, Rettich- und Radischengrün sind gigantische Nährstoffbomben, die am Markt einfach weggeworfen werden. Dazu mehr in DIESEM BEITRAG .
In der Wildnis wird die Flora im Dezember zwar immer magerer, doch wer sucht, der findet. Wie schon erwähnt, ist jetzt Wurzelzeit. Löwenzahn, Bärenklette, Nachtkerze, Pastinake, wilde Möhre und verschiedene Rhizome kann man noch sehr gut ausbuddeln, solange die Erde noch nicht gefroren ist. Dafür nehme ich einen Löwenzahnstecher (der sonst zum Jäten gedacht ist).
Grün ist ebenfalls noch in guten Mengen vorhanden. Brennnessel, Vogelmiere,, Löwenzahn, die Barbarakresse, Bachbungenehrenpreis, Brunnenkresse, Gundermann und Taubnessel können immer noch geerntet werden. Hier und da auf gemähten Wiesen finden sich auch Frühjahrskräuter wie der Giersch (die nach der Mahd wieder austrieben). Für das Indoorgrün empfehle ich Sprossen und Mikrogrün.
In den nun kahlen Mischwäldern findet man Winterpilze. An den elefantengrauen Stämmen der Buche wächst der Austernseitling, am Strauch der Holle das Judasohr und in den feuchten Auenwäldern und Böschungen leuchten uns die gelben Samtfussrüblinge entgegen. Alle drei sind Heilpilze und geben sehr leckere Brühen ab. Baumpilze wie der Birkenporling sind auch sehr heilsam, doch auch genauso bitter; sie kulinarisch in Szene zu setzten erfordert Kreativität. Andere sind da besser!
Joschas Pro-Tipp: Je eisiger es wird, desto mehr suche ich die Nähe von Fliessgewässern auf. An ihren Ufern ist es am längsten frostfrei. Das Sammeln von oberirdischen Pflanzenteilen ist so noch sehr spät im Jahr möglich!
Brühen brühen. Wo kommt der Geschmack her?
Meine persönliche Küche besteht aus mehrheitlich rohen Gerichten, gekocht wird aber auch mittlerweile wieder einiges. Es erstaunt Menschen immer wieder, dass Rohkost gar nicht kalt sein muss! Aufgewärmt bis ca. 42°C können auch ungekochte Suppen schmecken; danke Hochleistungsmixer! Doch wer Brühen brühen möchte, kann diese natürlich auch heisser kochen.
Meine Partnerin liebt Flädlisuppe. Dazu gebe ich oft Wildgrün und sehr feingeschnittenes Gemüse. Für Proteine sorgen Linsen, Ackerbohnen, Dörr- und Auskernbohnen, Erbsen, Brennnessel, Pilze, Kerne und sogar Nüsse! Kürbis, Mais, Kartoffeln, Topinanbur aka. Furzinanbur(startet hier mit wenig), Pastinaken, Petersilienwurzel, Karotten, Schwarzwurzel u.s.w. sind sehr nährend und machen einfach glücklich.
Das Wichtigste an der Brühe ist sicherlich die Basis. Langsam und schonend geköcheltes Gemüse/Kräuter enthalten noch am meisten Nährstoffe. Bei härteren Baumpilzen wie dem Fichtenporling dauert die Abkochung etwas länger, doch der kaffeebraune Sud macht schon was her. Die Basis kann entweder frisch zubereitet, in Form einer Kräutermischung (als Pulver) oder aus konservierten Brühen hergestellt werden.
Salzig/Meeresgeschmack
Meeresalge wie Dulse, Wakame, Tang und Kombu sind interessante Geschmacksgeber. Achtung: Seetang kann sehr „fischig“ schmecken, für alle, die diesen Geschmack nicht mögen! Damals in Neuseeland konnte ich die Meereszutaten selbst sammeln, hier in Europa beziehe ich sie aus einem Schutzgebiet in der Bretagne.
Getrockneter Queller oder Stangensellerie kann als Salzersatz dienen; für jene unter uns, die kein oder wenig Kochsalz verzehren möchten. Auch mit Holzasche konnte ich schon Salznoten erzeugen.
Wer Salz verwendet, empfehle ich nicht jodiertes und vor allem NICHT FLOURIDIERTES Salz ohne Rieselhilfen.
UMAMI
Rauchige Aromen und die Geschmacksrichtung Umami bekommt man nicht nur mit Fleisch hin. Sojasauce, Ume-Essig, Shiitake (und viele andere Pilze), Miso, Tamarinde, Meeresgemüse, gegrillte Früchte, geräucherte Paprika und Edelhefe bringen das vegane Umamierlebnis auf ein ganz anderes Level!
Harzig
Wer den Duft des Winterwaldes in seine Gerichte bringen möchte, sollte die verschiedenen Nadelgehölze (ausser Tuja und Eibe!!!) versuchen. Als alkoholischen Auszug oder getrocknet und vermahlen kommt ein sehr besonderes Aroma in jedes Menü. Auch Klassiker wie der Rosmarin haben ein harziges Aroma. Die verschiedenen Baumharze können natürlich auch verwendet werden. Aber nicht zu viel vom Weihnachtsbaum naschen, sonst ist er bis am 24sten kahl; kein schöner Anblick!
Sauer/Säure
Rotwein, Weisswein (aber auch Frucht- und Beerenweine) bringen Säure und das gewisses Etwas in jede Suppe. Zitrusschalen (bei mir liegen so viele abgeraspelte Zitrusfrüchte herum, weil ich ihre Schale fast mehr benötige wie ihren Saft). Achte bei Zitrusfrüchten unbedingt auf Bioqualität! Wer einen „einheimischen“ Zitronensaftersatz sucht, dem kann ich die japanische und chinesische Zierquitte empfehlen. Deren Saft ist echt sauer und man findet sie oft als „Knabenrösschen“ in den Gärten vieler Grossmütter. Sanddorn geht auch.
Süss
Auch etwas Süsse kann in salzigen Suppen/Brühen die anderen Aromen verstärken. Ahornsirup, Agavendicksaft, eingeweichte Trockenfrüchte oder ein wenig Vollrohrzucker können diesen Job erledigen. Fruchtsäfte sind z.B. in Suppen mit Röstaromen interessante Begleiter!
Gewürze wie Zimt, Nelkenwurz, Tonkabohne, Stevia, Süsskraut, Engelwurz, Angelika und Waldmeister bringen eine wärmende Süsse in die Gerichte, ohne dass eure Bauchspeicheldrüse viel zu tun hat.
Bitter
Da gibt es unglaublich viel in unseren Wäldern. Wenn ihr im Supermarkt Lattich, Zichoriensalate (ja auch Chicorée) und Mandarinenschalen kauft, dann könnt ihr die Bitterkeit auch so in eure Küche holen.
Joschas Pro-Tipp: Gewürze pimpen. Gewürze wie Koriandersamen, Zimt, Nelken, Anis, Kreuzkümmel, Fenchelsaat und Kümmel entfalten ein ganz anderes Aroma, wenn man sie vorher etwas anbrät.
Brennnesselsuppe nach Ranger-Art
Du brauchst:
- Zwiebeln
- Knoblizehe
- Brennnesselblätter (am besten die grünen Spitzen)
- Weisswein
- Gemüsebrühe ohne Glutamat
- Mandelmus
- Edelhefe
- geräucherte Paprika
- Muskatnuss
- Sojasauce
- und frisch gemahlenen Pfeffer
Zubereitung:
Zwiebeln mit oder Öl andünsten, kleingeschnittene Brennnesseltriebe (pro Mensch ca. zwei Hand voll) mit dünsten. Mit Weisswein und Gemüsebrühe ablöschen. Danach mit Edelhefe, Knobli, ger. Paprika, Sojasauce, Muskatnuss und Pfeffer würzen. Etwas köcheln lassen.
Am Schluss kommt das Mandelmuss (oder Haselnussmus) dazu und dient als Rahmersatz. Abschmecken und servieren!
Optional: Du kannst auch noch Kartoffeln, Pastinaken oder Linsen mit in die Suppe geben! Exotisch: Versuch mal gewürfeltes Kokosnussfleisch.
Guten Appetit
Zusatzinfo: Die Brennnessel ist die Nährstoffqueen der Wildpflanzen, neben vielen Vitaminen bringen sie auch Proteine, Ballaststoffe, Kalium, Silicium und vor allem Eisen in den Körper. Menschen, die an Gicht, Arthritis oder Übersäuerung leiden, kann ich diese Suppe wärmstens empfehlen.
Was ist deine Lieblings Winterbrühe/-suppe? Schreibs in die Kommentare!
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