Landschaften lesen und verstehen – Einleitung zum Themenblock

Warnung: Dieser Text ist anspruchsvoll und nichts für den schnelllebige Informationskonsum. Für diese Thematik bedarf es an Zeit; Zeit um zu reflektieren, aber auch Zeit um sich seiner eigenen Wahrnehmung bewusst zu werden. Die folgenden Zeilen verlangen Offenheit gegenüber neuen Sicht- und Betrachtungsweisen. Es ist simpel, aber überhaupt nicht einfach! All das ist mir sehr bewusst; dennoch möchte ich Dich einladen, diese Sichtweisen kennen zu lernen. Ich wünsche dir mindestens so viel Freude dabei, wie ich sie empfinde!

Wir beleben sie, wir verändern sie, wir leben von ihr und sie von uns — die Landschaft um uns herum.

In der Permakultur beschäftigen wir uns immer wieder mit Landschaften. Meistens sehen wir sie jedoch bloss von aussen. Wir sind nur Beobachter und nicht Teil davon. Eine rein objektive Sichtweise gibt es aber nicht, weil unsere Empfindungen in jedem Moment durch Prägungen, Sichtweisen oder nur schon durch die Temperatur in unserer direkten Umgebung beeinflusst werden.

Die Landschaft an sich würde es ohne uns nicht geben, da sie sich nicht ohne beobachtende, wertende Menschen als solche erkennen würde! Sie selbst und ihre Wahrnehmung befinden sich nicht nur ausserhalb, sondern auch innerhalb von uns. Denn wir sind diejenigen, die sie beschreiben, ihr Grenzen geben und sie fassbar machen.

Diese grössere Serie auf dem Erdwandlerblog beschäftigt sich nicht nur mit den technischen Aspekten des Landschaftslesens (und es wird durchaus wissenschaftlich, als wichtiger Teil davon), nicht nur mit dem Erkennen der Spuren ihrer Nutzung, sondern auch mit unserer eigenen Wahrnehmung. Sie ist der Faktor, der entscheidet, ob wir nur unsere auswendig gelernte Schemen auf immer neue Umgebungen projizieren oder uns mit allen Sinnen auf den einen Ort und die eine Landschaft einlassen, von der wir in diesem Moment umgeben sind. Jedes Tal, jede Wiese, jede Schlucht und jedes Wasser sind verschieden. Die Umgebung ist jetzt nicht mehr die gleiche, wie in dem Moment, in dem du mit dem Lesen dieser Zeilen anfingst! Die Luft hat sich verändert, die Sonne ist ein kleines Stück gewandert, eine weitere Blüte hat sich geöffnet, die Temperatur ist leicht gefallen , weil eine Wolke sich vor die Sonne geschoben hat. Der Wind hat sich gedreht, weil der Wärmestrom von oben nun einen anderen Teil deiner Umgebung erwärmt, dort die Luft aufsteigt und vom —jetzt kühleren— Schatten her in diese kleine Tiefdruckzone strömt. Alles ist im Wandel. Wenn wir all dies nur mit den, im Permakulturkurs, Schule oder Uni gelernten Techniken erfassen wollen, verpassen wir das Meiste davon. Techniken sind sehr gut dafür geeignet, Aspekte wie die Bodenbeschaffenheit, das Relief oder die Vegetation zu erfassen. Dabei nehmen wir jedoch nicht die Landschaft, sondern nur einen kleines Teilstück von ihr auf. Das wäre so, als würden wir versuchen, einen Mitmenschen nur anhand seines Aussehens zu erfassen und zu bewerten. Das hatten wir schon und es endete immer in der Unterdrückung oder Verfolgung anderer Ethnien.     

Um ein sich ständig veränderndes System ganzheitlich wahrnehmen zu können, müssen wir bewusst ein Teil davon werden. Eine Landschaft kann man nicht einfach nur beobachten und lesen, man muss sie erfahren!

Warum wir nicht von der Landschaft um uns getrennt sein können

Wenn wir in einer Umgebung stehen, dann atmen wir den Sauerstoff, der von ihr produziert wurde, stehen auf dem Boden, den sie formte und werden gewärmt von der Infrarotstrahlung, die ihre Oberfläche reflektiert. Wir sehen sie nur mit unseren Augen, weil das weisse Licht der Sonne, das in Wirklichkeit aus allen Farben besteht, auf Bäume, Gräser, Häuser oder unseren Fussboden fällt. Jedes Material und jede Oberflächenstruktur, absorbiert einen Teil dieses Lichtgemenges und reflektiert den Rest. Genau dieses gespiegelte Licht tritt durch unsere Pupillen in den Augapfel ein und wird von den Zellen auf der Netzhaut in elektrische Impulse umgewandelt; wir sehen alles um uns herum in den verschiedensten Farben. Dann atmen wir aus……unsere Atemluft geht wieder in unsere Mitwelt über. Wir sind in ständigem Austausch mit ihr und können nicht kein Teil von ihr sein, während wir in unseren Körpern leben.

Themen dieses Blockes

In diesem Block widmen wir uns also dem «Erfahren» einer Landschaft. Wir werden lernen, in die Vergangenheit und die Zukunft unserer Umgebung zu blicken und verstehen warum sie so ist wie sie ist und wie sie werden könnte. In anderen Teilen dieses Themenblocks, lernen wir, Wasservorkommen in Gebieten schon von weitem zu erkennen, in denen es weder einen offensichtlichen See, Fluss oder anderen Wasserkörper gibt. Uns werden die verschiedenen Bewohner eines Standortes einfacher bekannt werden als zuvor. Dies ist wichtig zu wissen, denn es ist auch ihr Zuhause. Wenn du oder Menschen, für die du eine Landschaft gestaltest, dort Leben möchten, dann ist es besser seine Nachbarn —egal welche Spezies— zu kennen. Mit dem Wissen werden wir Potentiale und Herausforderungen, Ressourcen und Defizite in den Ländereien erkennen können und zu nutzen wissen.

Eine grosse Hilfe für mich auf diesem Weg ist das erkennen verschiedenster Lebensräume und deren Benennung. Sie sind zwar ebenso untrennbar mit allem anderen verbunden, doch hilft es mir, sie als Einheiten zu betrachten und ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart sowie ihre zukünftige Entwicklung in der natürlichen Sukzession (Abfolge) zu verstehen. Von diesem Puzzleteil können wir dann unseren Blick aufs Ganze erweitern.

Was geschieht als nächstes/als erstes?

Die folgenden Teile werden sich intensiver mit Lebensräumen, speziell mit denen Mitteuropas auseinandersetzen. Falls du nicht in diesem Gebiet wohnst, helfen sie dir sicher, auch deine Umgebung besser verstehen zu können. Die Prinzipien des Beobachtes gelten überall. Ich fühle mich geehrt, Leser zu haben, die auf der ganzen Welt verteilt leben. Auch sie sollen davon profitieren können. Wenn wir die verschiedenen Lebensräume, ihre Arten und Bedürfnisse erkennen, können wir Gärten und Permakutlursysteme danach planen. Diese Systeme werden dann automatisch den Teil einnehmen, den die Vorbildlebensräume uns bereits zeigten. Es wird also ein Teil der Natur und der Landschaft. Erst werden sie selbst vorgestellt und dann werden wir ihre Potentiale entdecken.

Hier geht`s zu Teil 2: https://erdwandler.com/2019/09/21/landschaften-lesen-und-verstehen-teil-2-lebensraume-erkennen-verstehen-und-kopieren/

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