Mulchologie Teil 4: Ist Stroh wirklich ein gutes Mulchmaterial?

Besser Stroh auf dem Beet als Stroh im Kopf…..und schon geht’s los mit einem unglaublich flachen Witz. Ist ja Karneval zurzeit….

Lieber Leser/liebe Leserin

Mir juckt es schon wieder in den Fingern.  Ein sehr warmer Januar hat sich verabschiedet und die nächste Gartensaison rückt wieder näher. Durch die Wärme ist die Verrottung der Laubmulchbeete auf dem Erdwandlerhof schneller vorangeschritten, als in anderen Wintern. Würmer tummeln sich noch bis knapp unter der obersten Blätterschicht. Dennoch, der Boden ist vor allem nach sternenklaren Nächten, ausserhalb der schützenden Mulchschicht steinhart gefroren…..Für Ackerbohnen und Spinat ist es noch viel zu früh.

Auf dem Acker, den wir ab nächsten Sommer zurück haben werden, herrscht gähnende Leere. Nach der Körnermaisernte im Herbst, wurde nur noch eine Stoppelbearbeitung gemacht und etwas Kompost verteilt. Durch die späte Ernte konnte sehr wahrscheinlich keine Winterbedeckung ausgesät werden.  Der Boden bleibt grössten Teils nackt. Wenn da nur trotzdem Lebendmulch wachsen würde. Eine grüne Brücke ins nächste Jahr (Näser, 2020) würde die Erosion, die durch den Winterregen verursacht wird, so sehr vermindern. Ausserdem verdichtet jeder schwere Regentropfen den Boden etwas mehr. Würde man Mulch ausbringen, fände man im nächsten Frühjahr eine feinkrümelige Erde vor, die nur so strotzt vor Leben.

Im Garten mulche ich mit Stroh, das nach der Strohballenpressung auf dem Gerstenfeld übrigblieb und von mir zusammengerecht wird. Ein Freund von mir, dessen Tochter Meerschweinchen hält, deponiert das Einstreu (auuch Stroh) nach dem Ausmisten auf einem dafür vorgesehenen Platz in unserem Garten, von wo ich es ganz leicht auf die Beete ausbringen kann. Zusätzlich düngt der Meerschweinchen Urin und deren Kot meine Gemüsepflanzen.

Stroh ist nicht gleich Heu !

Heu ist grünes Gras und wird ab Juni (sollte jedenfalls erst dann) gemäht und bei guter Witterung auf dem Feld zum Trocknen liegengelassen. Auf extensiven Mähwiesen mit vielen Wildblumen, bleibt das Heu solange draussen, bis die Samen der Blumen auf den Boden fallen können und so die nächste Generation ins Leben starten. Diese Praktik wird noch von einigen Bergbauern betrieben, die ich kenne. Sie fördern dadurch die unglaubliche Biodiversität auf den Wiesen und Fluren.

Als Stroh bezeichnet man die trockenen Stängel von Getreide. Nachdem die abgetrockneten Ähren von Weizen, Roggen und Co. gedroschen wurden, bleiben die goldgelben Reste auf dem Acker liegen. Sie werden dann zu Strohballen gepresst und als Einstreu in Ställen verwendet.

Stroh ist ein faszinierendes Material, das verschiedenste Anwendungen findet. So werden Hüte, Dächer, Pilzzuchtsubstrate, Strohhalme, Einstreu, Sterne, Polsterungen und Isolationen, Hauswände und Gartenbeetabdeckungen daraus gemacht. Ja genau, Gartenbeetabdeckungen oder auch Mulch genannt.

In diesem Blogbeitrag möchte ich klären, ob Stroh ein gutes Mulchmaterial abgibt und wie ich es verwende.

Seine vielen Halme ergeben einen wunderschöne, goldgelbe Beetabdeckung. Sie ist stabil, fliegt nicht so schnell weg, schützt den Boden hervorragend auch bei Starkregen und hält als Schutzschild einige Monate durch. Ihre helle Farbe reflektiert im Sommer das Sonnenlicht (inkl. der wärmenden Infrarotstrahlung) und hält die Erde darunter schön feucht.  Die Bodenlebewesen können bis in die oberste Schicht arbeiten und machen den Boden krümelig und locker.

Dennoch gibt es ein paar Dinge beim Mulchen mit Stroh zu beachten: Glyphosat, der berühmte Wirkstoff des Totalherbizides Roundup, wird in vielen Ländern der EU noch vor der Ernte des Getreides auf die Pflanzen ausgebracht. Dies ermöglicht ein gleichzeitiges Abtrocknen aller Ähren. In der Schweiz ist diese Praktik verboten und in Deutschland stark eingeschränkt (Schweizerbauer, 2020). Das Verbot hilft jedoch nur lokal auf den eigenen Feldern. Stroh wird in ganz Euro herumgekarrt und landet als billigere Alternative zum Kauf von lokal produzierten Strohballen (oder bei Engpässen) auch in hiesigen Ställen. Mit dem Stroh können Rückstände von Pestiziden und Halmverkürzungsmitteln auch in die Schweiz, Österreich und Deutschland mitimportiert werden. Also Augen auf beim Strohkauf!

Wie schon erwähnt reflektiert Stroh die Sonnenstrahlen. Genau aus diesem Grund entferne ich die Mulchschicht im Frühjahr komplett vom Beet und lasse die Wärme in den Boden eindringen. Wer Mulchen möchte, dem kann ich reifen Kompost empfehlen, der mit seiner schwarzen Färbung die Wärme der Sonne einfängt. Unter dem Stroh bleibt der Boden noch steinhart gefroren (kommt natürlich auf die Dicke der Mulchschicht an).

Im wärmeren Frühjahr und zur Erdbeerzeit, kommt es dann wieder zum Einsatz. Erdbeeren werden oft noch mit Stroh gemulcht, sodass die empfindlichen Früchte bei Bodenkontakt nicht faulen. Eigentlich sind es keine Erdbeeren, sondern Strohbeeren. Das haben die Engländer richtig erkannt und die Sammelnussfrüchte «strawberries» genannt.

Stroh besitzt einen sehr hohen Kohlenstoffgehalt, verglichen mit der Menge an Stickstoff, die noch in den Halmen vorhanden ist. Das C/N-Verhältnis ist sehr gross (dazu empfehle ich meinen spannenden Beitrag zum Thema C/N-Verhältnis) auf diesem Blog. Der Text ist unten verlinkt). Es lässt das Material nur sehr langsam verrotten. Ein zu hoher Kohlenstoffgehalt, kann es sogar eine Stickstoffinhibitation herbeiführen. Jener Prozess, bei dem die Mikroorganismen, die das Stroh zu Erde verwandeln, den benötigten Stickstoff (für die essenzielle Proteinsynthese zum Aufbau ihrer Zellen)  aus dem Boden ziehen und so den angebauten Pflanzen für einige Zeit nichts mehr übriglassen. Dem kann man vorbeugen, in dem stickstoffreiche Materialien wie Rasenschnitt, Mist, Urin, unreifer Kompost, Küchenabfälle oder Bokashi zugemischt werden.     

Oft finden sich noch Getreidekörner und andere Samen zwischen den Halmen. Sie können wieder austreiben und das noch eben goldgelbe Beet, in ein grünes Getreidefeld verwandeln. Wen das stört, kann die grünen Halme abmähen und sie direkt an Ort und Stelle als Mulch verwenden. Der darin enthaltene Stickstoff, sollte der Stickstoffinhibitation des reinen Strohmulchs ebenfalls vorbeugen.

Alles in allem ist Stroh ein wertvolles Mulchmaterial, welches meiner Meinung nach definitiv wieder aufs Feld gehört. Der Japaner Masanobu Fukuoka hat es uns schon vor über 40 Jahren vorgemacht, als er das Buch «Der Grosse Weg hat kein Tor» (engl. one straw revolution) schrieb. Ein Mensch, der mich sehr inspirierte.

Stroh muss wie alles, einfach nur zur richtigen Zeit (in den gemässigten Breitengraden) ausgebracht werden und es wird dem Boden und uns Gutes tun.

Es geht spannend weiter mit der Mulchologie-Serie.

Andere Mulchmaterialen und ihre Anwendungen werden vorgestellt, neue Mulchkonzepte erklärt und Beiträge zum Düngen mit Mulch geschrieben. Wenn du mehr übers Mulchen und die anderen spannenden Themen dieses Blogs erfahren möchtest, dann klicke unten auf den Folge-mir-Knopf. Du erfährst dann immer, wenn es wieder interessanten Inhalt gibt

Verlinkte Beiträge

Das C/N-Verhältnis: https://erdwandler.com/2019/10/24/mulchologie-teil-3-das-c-n-verhaltnis-wie-schnell-verrottet-etwas/

Mulchlogie Teil 1: https://erdwandler.com/2019/09/02/mulchologie-das-1×1-des-mulchens-die-serie-beginnt/

Mulchologie Teil 2: https://erdwandler.com/2019/09/09/mulchologie-das-1×1-des-mulchens-teil-2-wo-bekomme-ich-mulchmaterialien-her/

Quellen:

Willkommen! – Grüne Brücke – Regenerative Landwirtschaft“. Zugegriffen 3. Februar 2020. https://www.gruenebruecke.de/.

CH: Getreide enthält kein Glyphosat“. Zugegriffen 3. Februar 2020. https://www.schweizerbauer.ch/pflanzen/pflanzenschutz/ch-getreide-enthaelt-kein-glyphosat-27809.html.

Buch: Fukuoka Masanobu (2017), Der Grosse Weg hat kein Tor (3. Auflage), Original (1975): Shizen Noho: Wara-ippon no Kakumei, Tokio: Hakujusha Co.

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