Warum mache ich Pfluglos?

In aller Kürze: Weil es möglich ist und weil ich es so will…….

Liebe Leserin/lieber Leser

Es wird bei kaum einer Form der Bodenbearbeitung so viel Diesel verbraucht, wie beim Pflügen. Nirgendwo wird mehr Bodenleben gestört und zerstört wie beim Wenden der Erde (natürlich auch beim Fräsen). Pflügen ist der grosse Bruder vom Umgraben im Garten. Wie schon so viele Male auf diesem Blog erwähnt, gibt es in jeder Bodenschicht, spezifisch an jede Tiefe angepasste Mikroorganismen. Sie mögen genau jenen Sauerstoffgehalt und jene Bodenzusammensetzung in ihrem Stockwerk. Wird der Boden gewendet, ist das für sie, als würde die Welt auf den Kopf gestellt werden. Für viele Bodenlebewesen ist unsere Atmosphäre mit 21% Sauerstoff sogar giftig (diese nennt man obligat-anaerobe Organismen).  Sie werden aus sauerstoffarmen Bodenschichten urplötzlich nach oben geholt und sterben dort. Dies ist ein Grund, warum nach dem Pflügen auf einmal so viele Nährstoffe freigesetzt werden. In der Fachsprache spricht man davon, dass durch den Sauerstoff —der in den Boden gelangt— die Mineralisierung angeregt wird; Aber was da mineralisiert wird, sind die Leichen von Millionen Mikroorganismen, die von den Oberflächenbakterien in pflanzenverfügbare Nährstoffe umgewandelt werden.

Das Mykorhizzanetzwerk —das Internet des Bodens— besteht aus tausenden Kilometern Pilzfäden die in enger Symbiose mit Bäumen und anderen Pflanzen arbeiten. Über sie werden Informationen, Wasser, Nährstoffe und Abwehrstoffe transportiert, die für ein funktionierendes Ökosystem essentiell sind. Ich empfehle dazu die Arbeiten von Paul Stamets (Autor von Mycelium Running), Dr. Elaine Ingham, Margarethe und Jakobus Langerhorst, Joseph Braun, Charles Dowding(no dig) und die Erkenntnisse deines eigenen Verstandes…

Auf den Fluren des Erdwandlerhofes bzw. auf der Schafweide, die in den Gemüsegarten gewandelt wird, fand ich diesen Herbst die Fruchtkörper von Rotfuss- und Maronenröhrling, Parasol (Riesige Schirme), Mönchskopf und anderen Pilzen. Diese Beobachtung spricht für ein wohlausgebautes Bodeninternetz, das ich nicht stören möchte. Nebenbei erwähnt: Rotfuss, Marone, Mönchskopf und Parasol sind hervorragende Speisepilze!

Warum wird der wendende Pflug immer noch eingesetzt?

Wir wissen, dass die Bewohner des Bodens, für den Hauptteil der Bodenlockerung verantwortlich sind. Wenn die Krume (der oberste Teil des Bodens) nicht verdichtet ist, sollte ein pflugloser Anbau möglich sein. Die Bodenlockerung ist bei einer Pfluganwendung nur nebensächlich; es gibt andere maschinelle Verfahren, wie zum Beispiel den Grubber, der den Boden nicht wendet. Vor fast 100 Jahren hat Viktor Schauberger den Zentripetalpflug entwickelt, der die Erde wie die Schaufel eines Maulwurfes um 360° dreht. Leider ist er, wie sein Erfinder etwas in Vergessenheit geraten. Viktor Schaubergers weitere Erkenntnisse wurden auch aktiv in die Vergessenheit verdrängt!

Der Zentripetalpflug Schaubergers
Quelle: zugenergie.de

Meistens (ausser bei Onland) fährt der Traktor in der eben gepflügten Rille (in bis zu 30cm Tiefe) und verdichtet den Boden dort eher —eine Pflugsohle entsteht. Tatsächlich ist der Pflug im Bioanbau ein vielverwendetes Element in der Unkrautkur. Die meisten wirklich pfluglosen Betriebe arbeiten konventionell. Sie benutzen Glyphosat und andere Herbizide um die Unkräuter einfach weg zu spritzen. Im Bio geht das natürlich nicht und so pflügt man die keimenden Beikräuter einfach unter die Erde. Die Krux an der Sache: Durch das Wenden werden wieder andere Samen an die Oberfläche gebracht, die erst dort keimen. Der stumpfblättrige Ampfer zum Beispiel, kann 50 Jahre lang als Same im Boden schlummern. Wieder ans Licht gebracht, fängt er an zu keimen und macht alle Bauern verrückt.

Gibt es Bio ohne Pflug?

Ja, das gibt es. Viele Bauern haben über Jahrzehnte gezeigt, dass auch ein biologisch wirtschaftender Betrieb pfluglos funktionieren kann (Acker- und Beetanbau). In der Realität gibt es noch unzählige Stufen und Methoden dazwischen. Einige LandwirtINNEN pflügen nur im „Notfall“ oder beim Umbrechen (Umwandeln) einer Wiese in Ackerland.

Dennoch, ich arbeite pfluglos. Sogar die Umwandlung der Schafwiese in Beete geschieht bei mir pfluglos. Ich werde meine Erfahrung sicher auf die grösseren Flächen anpassen müssen und werde euch auf dem Laufenden halten.

Ideen zur pfluglose Beetbereitung in der Landwirtschaft

Natürlich ist es praktisch, wenn ein Acker oder Garten schon frei von invasiver Vegetation ist. Das Pflanzen von empfindlichen Kulturen wie Salat wird so viel einfacher. Wenn sich auf der vorgesehenen Fläche eine Wiese, Weide oder Brache (ohne Pioniergehölze) befindet, muss man sich überlegen, wie man die zu pflanzenden Setzlinge vor der Überwucherung durch Beikräuter schützt; ein Beet muss her…

Es erschien mir etwas unrealistisch, die ganzen Beete (ein Beet ist etwa 30m lang) mit Pappe abzudecken. Pappe in grossen Mengen ist auch nicht so unbedenklich (wenn du nichts anderes hast, dann nimm unbedruckten Karton). Ich habe mich für Laub entschieden. Beim Bauamt unserer Gemeinde angerufen….und schon hatte ich einen Haufen Blätter vor der Tür (dazu empfehle ich den zweiten Teil der Mulchologieserie, der unten verlinkt ist). Auch Waldwege werden in unserem Dorf gekehrt. Deren Laub ist praktisch frei von Zigarettenstummel und Mikroplastik. Zudem war meins voll mit Walderde und Pilzresten—eine super Grundlage für fruchtbaren Boden.

Nachdem ich die Höhenlinie mit Hilfe eines Lasers ermittelt und abgesteckt habe (A-Rahmen ist auch möglich), mulchte ich die Beete mit etwa 1m Durchmesser und ca 20-30cm Dicke ab. 20 cm mindestens, da das Laub noch vom Schnee zusammengedrückt wird.  Stell dir mal vor, wie viel Laub ich dafür brauchte….

Mit Laubmulch abgedeckte Beete. Der Schnee hat die Abdeckung bereits zusammengedrückt.
Schon nach einem Monat (im Winter) sieht das Gras unter der Laubabdeckung so aus

Im Frühjahr werden die Setzlinge mit etwas reifem Kompost direkt ins halbverrottete Laub gepflanzt. Wer genug Kompost hat, kann das Laub einfach damit abdecken. Der schwarze Humus erwärmt sich und die darunterliegende Laubschicht schneller und fördert dadurch die Verrottung, was speziell den Starkzehrern zu Gute kommt.

Mein Kollege Nick Smaud, war auf seiner Farm sehr erfolgreich, als er die Erde einfach für zwei Monate mit schwarzer Folie abdeckte und sie danach weiter schob. Wenn man noch etwas Pferdemist, Steinmehl, Bokashi und/oder Grasschitt unter die Folie gibt, geht die Party erst richtig los. Das Gras stirbt wegen Lichtmangel ab und Würmer werden von Bokashi und Co. angezogen. Unter schwarzer Folie werden die Beikräuter im Hochsommer richtig gekocht (das nennt man Solarisieren).

Wichtig zu wissen: Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass auch diese Methode viele Insekten und Mikroorganismen tötet. Ein sogenanntes Bändchengewebe bietet den Vorteil, dass es nur die sich darunter befindende Vegetation durch Beschattung eliminiert, Regen jedoch durchdringen kann und die Temperatur nicht so hoch steigt. Die Methode, die mir sympathischer erscheint.

Anmerkung: Um grössere Mengen für Landwirtschaftsflächen zu bekommen, kann Bokashi  übrigens auch in komprimierten, anaeroben Haufen gemacht werden. Der Prozess gleicht der Herstellung von Sillage.

Die Flächen, für die das Laub nicht reicht werden abgehühnert.  Beim Abhühnern setzt man das natürliche Scharrverhalten des Geflügels zur Entfernung der Grassode ein. Jeder der schon mal Hühner zu lange auf einer Fläche hatte weiss, dass da nicht viel Grünes übrigblieb. Man zäunt die Hühner einfach dort ein, wo ein Beet entstehen soll. Das Gemüse sollen sie dabei nicht erreichen. Als wir Joseph Holzer diesen Sommer auf dem Krameterhof besuchten, tat er das gleiche mit Hähnen: Das sogenannte Abgockeln von Beeten.

In Neuseeland kennt man «blowing the lawn»; eine Methode, sommertrockenes Gras durch einen mehr oder weniger kontrollierten Brand zu entfernen, der zuerst mit Benzin gestartet wird. Diese Methode empfehle ich definitiv nicht. Viele tausend Insekten und Kleintiere verbrennen mit den Gräsern, da sie meistens nicht schnell genug fliehen können.Weiterhin wird so viel Biomasse einfach verbrannt, die sonst Boden hätte aufbauen können. Die Sache mit dem Brandschutz kommt danach…

Mit der Planung einzelner Fruchtfolgeglieder kann ebenfalls die Notwendigkeit eines Pflugeinsatzes reduziert werden. Ich habe keine Kleegrasmischung als Fruchtfolgeglied auf dem Acker eingeplant und muss deshalb auch keinen weiteren «Wiesenumbruch» machen.

Es gibt zahlreiche Methoden zur bodenschonenden Bewirtschaftung. Die erwähnten Methoden sind für grössere Betriebe nicht immer die Praktischsten (dabei sei erwähnt, dass ich nicht einmal eine Hektare für richtig halte, die mit nur einer Kultur (zur selben Zeit) bepflanzt ist). Es gibt andere (> 6 Hektaren) Betriebe, die Mulchen im grossen Stil, Grubber, Kreiseleggen u.s.w. einsetzen und trotzdem pfluglos und biologisch arbeiten. Ich erwähne hier nocheinmal, dass der Pflug auch seine Berechtigung hat, ich niemanden verurteile, der ihn benutzt und auch jene Menschen verstehe, die gelegentlich im Notfall und zum Umbrechen einer Wiese/Kunstwiese verwenden. Ich möchte es einfach nicht auf dem Erdwandlerhof, sondern weiter an Alterntiven forschen. Zudem hat jedes Unkraut seinen Nutzen und Zeigerwerte. Genau diese Vegetationssprache möchte ich jedes Jahr besser verstehen lernen…

Ob Laub, Heu oder fachhähnisches Abgockeln — es bleibt definitiv spannend! Du kannst erfahren wie es weitergeht. Ein Abonnement dieses Blogs ist kostenlos und werbefrei. Hast du auch schon Erfahrungen mit pfluglosem (nicht-umgrabendem Abbau) gemach? Schreibs mir doch bitte in die Kommentare…..$

Verlinkte Beiträge und Seiten:

Der zweite Teil der Mulchologieserie: https://erdwandler.com/2019/09/09/mulchologie-das-1×1-des-mulchens-teil-2-wo-bekomme-ich-mulchmaterialien-her/

Ein spannender Beitrag über Laub und seine Anwendungsmöglichkeiten: https://erdwandler.com/2019/11/07/ein-schatz-des-herbstes-laub-und-was-man-alles-damit-machen-kann/

Ein Artikel über den maschinellen, pfluglosen Wiesenumbruch für grössere Betriebe: https://www.bioaktuell.ch/pflanzenbau/ackerbau/bodenbearbeitung/wiesenumbruch-10-cm.html

Viktor Schaubergers landwirtschaftlichen Empfehlungen: http://www.zugenergie.de/der-maulwurfspflug-und-das-regenwurm-sanatorium/

Dr. Elaine Ingham`s Arbeit: https://www.soilfoodweb.com/https://www.soilfoodweb.com/

Über Paul Stamets: https://paulstamets.com/

Charles Dowdings spannender YT-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCB1J6siDdmhwah7q0O2WJBg/videos

Titelbild: Ein wunderschönes Beet, das ich diesen Sommer auf dem Gärtnerhof der Langerhorsts fotografierte. Sie betreiben schon seit 40 Jahren einen kommerziellen, pfluglosen, veganen, permakulturellen Gemüseanbau.

5 Kommentare zu „Warum mache ich Pfluglos?

  1. Gefällt mir sehr. Danke und ein gutes neue Jahr! Herzlich, die Gärtnerin mit dem gruenen aumen

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  2. Meine Erfahrungen beziehen sich auf Kleingärten statt auf landwirtschaftliche Flächen.
    Vor Jahren befolgte ich den Rat, im Frühjahr die Beete 3x umzugraben, um Unkraut zu beseitigen.
    Ich wunderte mich, dass irgendwann dort nichts mehr wuchs und Setzlinge stattdessen immer kleiner wurden.
    Dann probierte ich diverse Perma- und Mischkulturtipps aus.
    Die Idee des Mulchens hatte mich schon während des Studiums fasziniert, funktionierte im Garten aber nicht sonderlich gut. Das Unkraut wuchs wieder an und irgendwann gab es nur noch Gras auf den Beeten.
    Besonders schlimm fand ich, dass die organische Substanz nach kurzer Zeit abgebaut war. Im Extremfall auf sandigem Boden war der im Winter ausgebrachte Mist Anfang des Sommers bereits „weg“, wenn die Zucchinipflanzen groß wurden.
    Irgendwo lag dann das Terra-Preta-Buch von Pieplow u.a. verbunden mit begeisterten Berichten. Ich fing an, die Holzkohlestreu von Triaterra zu verwenden, welche bereit mit Gesteinsmehl und EM versetzt ist.
    Ich verwende die Streu für meine Mistkomposte, für Bokashi und zur Rasenpflege.
    Gute Erfahrungen habe ich auch mit dem Schwarzen Gold von Christoph Fischer – EM Chiemgau gemacht, um den Boden nach dem Hausbau zu beleben.
    Die Holzkohlestreu in Verbindung mit Organik hat den unschätzbaren Vorteil, dass sie im Boden nicht kurzfristig abgebaut wird.
    Ich verwende sie auch für Bokashi, der unten in jedes Pflanzloch kommt.

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    1. Liebe Lisa. Ich habe zwischenzeitlich einen Acker übernommen und Beete mit dem Nichtmulchsystem angelegt. Doch der Boden ist wegen des schweren Traktors (vom Vorgänger) stark verdichtet. Ich habe also auch immer wieder Schwierigkeiten mit dem System. Aber mit den EM`s (inkl. Bokashi), dem Mulch und der Kohle bist du sicher auf einem guten Weg.

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  3. Hallo, wie sind Deine Erfahrungen mit den Laubflächen? Funktioniert der Anbau im nächsten Frühjahr?
    Besonders Eichenlaub soll ja viele Gerbstoffe in den Boden bringen, die das Keimen von Saaten beeinträchtigen können.
    Ich hatte einen Kompost unter der Eiche vom Nachbarn. Auf den Gemüsebeeten kann ich den nicht verwenden.
    Die Eiche ist jetzt gefällt, aber hatte ihr Wurzelwerk in den Kompost wachsen lassen.
    Ich möchte dort eine Walnuss pflanzen.
    Wieviel Boden würdest Du ausheben?
    Viele Grüße
    Lisa

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